Daxueshan Yesheng Pu Er | Corona Edition
Wir erlebten zwischen Mitte März und Mitte Mai einen sogenannten Lockdown in der Schweiz und in Europa. In dieser ausserordentlichen Zeit schien alles stehengeblieben zu sein. Geschäfte blieben geschlossen, Restaurants blieben geschlossen, und die Menschen sollten zu Hause bleiben. Der Lockdown wurde als «wirtschaftlicher Stilstand» bezeichnet.
Während diesem «Stillstand» ging ich häufig spazieren, was ich gewöhnlich nicht machen würde, weil ich im Shui Tang stehen muss. Im Freien beobachtete ich wie die der Frühling näher schritt. Die Insekten flogen, die Vögel zwitscherten und die Bienen arbeiteten. Die Bäume sprossen, die Blumen blühten und die Gräser wuchsen. Wohin ich sah, war kein Stillstand. Alles entfaltete sich zur rechten Zeit und am rechten Ort! Den Stillstand gab es nur in der Zeitung, in unseren Köpfen und im Rechner!
Ich hatte die Idee, einen besonderen Tee produzieren zu lassen für diese ausserordentliche Geschichte im Leben der Menschen. Eine Pest, die die moderne hochtechnische Gesellschaft zum vermeintlichen Stillstand bringt, sollte in Erinnerung bleiben: Als Warnzeichen, um uns daran zu erinnern, dass nichts unverwundbar ist. Als Hilfe, um zu realisieren, dass wir Lebewesen sind, nicht Gott. Als Chance, zu begreifen, dass Verzicht eine Chance ist, um weiter zu gehen.
Pfirsichblüte und Pfirsichbaum sind kulturelle Symbole der chinesischen Kultur. Die Pfirsichblüte bedeutet Eros – ein Aspekt von einer Verbindung zu anderen Menschen. Dass Pfirsichblüte vereinzelt blühen, anstatt in Zweigen voller Blütenbündeln, wie zum Beispiel Kirschblüten oder Aprikosenblüten, signalisiert die Unabhängigkeit und Individualität, eine freie Verbindung zwischen Menschen, in der Respekt und Freiheit im Vordergrund stehen. In Shi-Jing (11. Jh.-6. Jh. v. Chr.) sang man vor 3’000 Jahren Lieder über Pfirsichblüten für die geliebten Personen. Und in «The Peach Blossom Spring» erzählte Dichter Tao Yuanming eine Utopie, und der Pfirsichblütenwald ist im Taoismus ein Symbol von einem Ort, wo aufrichtige Energie weilt und der Teufel vertrieben werden kann. Darum wird Pfirsichholz für taoistische Ritual verwendet: um die höchste Kraft der Erde zu symbolisieren. Pfisichblüten sind ausserordentliche Blumen.
Simon Trüb nahm den Auftrag an und gestaltete ein facettenreiches Bild. Ein blühender Pfirsichzweig wird von Bienen besucht, die nichts Anderes machen als zu «verbinden»! Während des vermeintlichen Stillstands arbeitet die Natur weiter. Aus den Blüten werden Früchte entstehen! Und in diesem idyllischen Bild gibt es doch eine verwelkte Blüte, deren Blütenblätter zerfallen in der Luft. Ein Corona-Virus wird sichtbar. Blütenblätter und Viren gehören zur Natur.
Daxueshan Yesheng Gushu Pu Er ist ein Pu Er Tee, dessen Bäume auf einer Höhe von über 3’000 Metern über dem Meerespiegel wachsen, und die über 300 Jahre alt sind. Diese Pflanzen sind nicht kultiviert, sie sind genetisch «wild» – sie gehören nicht zu herkömmlichen Camelia Sinensis Assamica. Diesen Tee kann man jetzt trinken. Man kann ihn jedoch auch gemäss der chinesischen Tradition lagern. Nach der Reifung offenbart er einen neuen, vorher nicht entdeckten Aspekt des Tees - wie eine vermeintliche Krise mit Distanz zu lesen.