Von Zhang Feng, Yixing, China
Qinghui Duanni, Original Zisha.
350ml
Wozu hat Zhang Feng eine Teekanne mit Pflaumenmuster gestaltet?
Über die Pflaume als kulturelles ästhetisches Symbol der chinesischen Kultur habe ich bereits vieles geschrieben. Heute möchte ich gerne mehr über die künstlerischen Details der Pflaumen-Kanne erzählen.
In der Zisha-Kannenkunst gibt es drei Kategorien: Hua-Qi, Guang-Qi oder Jinwen-Qi. Qi bedeutet hier das ‘Objekt’ oder das ‘Ding’. Jinwen Qi offenbart die Ästhetik der Linien. Guang-Qi. Guang-Qi schätzt man wegen der Proportion des Körpers und der Geschmeidigkeit der Oberfläche bei der Berührung mit den Händen. Und Hua-Qi: ein Objekt mit Muster. Warum findet man ein Objekt mit Muster schön?
Diese Frage wird mir sehr oft im Shui-Tang Teehaus gestellt. Viele Klienten mögen das Muster auf der Kanne nicht, weil sie angeblich Minimalisten sind.
Wenn sie sehr von ihrer Meinung überzeugt sind, ist es vergebens, mit ihnen zu sprechen. Über die Meinung kann man nicht reden. Man kann höchstens höflich zurückfragen: «Sind Sie sicher, dass ein Minimalist Symbole verpönt?» Wie kann man heute ohne Symbole miteinander kommunizieren? Auch ein Kreis ist ein Symbol.
Der heutige Mensch hat oft eine hohe Meinung von sich selbst. Wenn man einmal in Yunnan war, ist man bereits Pu Er-Experte.
Die Linien und die Formen sind zugänglicher im Vergleich mit Symbolen für Menschen aus einer anderen Kultur, zu verstehen. Obwohl wir stets mit Symbolen kommunizieren, verstehen wir oft nicht, was einzelne Symbole im jeweiligen Kontext bedeuten. Weil sie schwer zugänglich sind, ist es einfacher, sie zu ignorieren. Ich gebe zu, ich finde auch nicht immer Zugang zu symbolischen Sprache Chinas und Europas. Aber es fasziniert mich sehr, vor allem unsere Psyche kennt keine Grenze und keinen Raum. Im Traum und in der Meditation offenbaren Symbole die Lebenswelt und haben so in ihren eigenen Rhythmus. Und wenn ich den inneren Weg gehe, das Geschehen um mich und in mir verstehen will, komme ich an der Auseinandersetzung mit Symbolen nicht vorbei.
Der Pflaumenbaum wurde in der chinesischen Kunst gerne mit „Alt-Scharf“ und „Kalt-Geschmackvoll“ dargestellt. Der von der chinesischen Malerei geprägte japanische Maler Rosetsu 長沢芦雪 hat ein ausdrucksstarkes Bild von einem Pflaumenbaum gemalt: Alt, der Stamm fast zerfressen von Insekten, scharf gebogen wächst der Zweig Richtung Himmel. Kalt, farblos wirkt der Baum, aufrichtig treu auf der Erde. Ein Eindruck von einem aufrichtigen Menschen!
Das ist die Sprache von einem chinesischen Pflaumenbaum. Ein alter Baum gewinnt durch das lange Leben die Distanz zur phänomenalen Welt. Mit dieser Distanz beobachtet der Baum die Vergänglichkeit und die Sentimentalität. So werden die Augen scharfsinnig und auf geschmackvolle Art kalt. Unberührt nimmt der Baum Anteil an unserem Leben in der Stille. Dieser Widerspruch macht einen Pflaumenbaum liebenswürdig, einen Menschen menschlich und eine Kunst lebendig.
Diese Ästhetik ist gegründet in der alten chinesischen Kultur. Alt: Das Alte bedeutet nicht das Vergangene oder das Sterbende, sondern das Zeitgefühl über die Zeit, die nicht vergänglich ist, die einfach Zeit ist. Dort unterscheidet sich die chinesische Ästhetik zur japanischen Wabi-Sabi. Alles Vergängliche, das bedeutet das Schöne, das Reiche, das Einsame oder das Freie kehren immer wieder zurück zum Null-Punkt – Zeitlosigkeit. Das ist ein Ausdruck zu Ping-Dan (Zufriedenheit und Gelassenheit) – reines Sein.
Wenn man nicht genügend lang gelebt hat, kann man praktisch nicht eine Pflaumen-Kanne in diesem ewigen Widerspruch „Alt-Scharf“ und „Kalt-Geschmackvoll“ gestalten. Junge Künstler müssen mit der Nachahmung anfangen und mit dem Leben lernen.
Die Kunst ist für einen Yixing-Kannenkünstler zu leben. Im Leben sammeln sie die Wahrnehmungen und Empfindungen. Wenn das Wahrgenommene und das Empfundene ineinander fließen können, entsteht Erkenntnis. Mit dieser Erkenntnis praktiziert Zhang Feng wie die meisten Pioniere seine Kunst.
Alt, krank und trocken lautet die Beschreibung des Pflaumenbaumstamms. Sie deuten auf das Unangepasste hin. Das Alte, das Kranke und das Vertrocknete sind zugleich dazu da, die zarten Blüten neben dem Stamm hervorzuheben. Der blühende Zweig kommt aus der Luft neben die raue Rinde, ätherisch und entzückend. Er markiert den Widerspruch des Seins.
Auch der Widerspruch geht vorüber. Zhang Feng lässt den Widerspruch nicht unversöhnlich stehen. Er verbindet das Alte und das Zarte, das Verwelkte und das Wachsende, das Leben und den Tod mit einer Zeitlosigkeit. Eine Kanne Tee, getrunken, um die Zeit zu vergessen. In dieser Zeitlosigkeit betrachtet der Teemensch wie Blumen blühen und verwelken; wie Wolken zusammenziehen oder vorbeiziehen; die Höhe des Lebens und ebenfalls die Krise in der Ungewissheit.
Möge jeder Teeliebhaber seiner Pflaumenkanne begegnen können!
張鋒 Zhang Feng, 1979.
Pflaumenkanne, Mei Hu aus 青灰鍛泥 Qinghui Duanni. Original Yixing Zisha.